Menschen tragen eine Erdkugel

Veredeln von Obstbäumen

Vermehrung von Obstbäumen - Sortenerhalt

Obstbäume können im Normalfall nicht durch Kerne bzw. Steine vermehrt werden. Ausnahme sind bestimmte Steinobstsorten, wie z.B. die Pfirsichsorte Kernechte vom Vorgebirge oder Wassenberger Sämling. Aber auch hier findet inzwischen die Vermehrung durch sogenannte Edelreiser (letzter Jahresaustrieb) statt, da durch Fremdbestäubung eine Veränderung der Sorte eintritt. Ansonsten bringt jeder Apfelkern immer eine neue Sorte hervor die allenfalls mit der Ursprungssorte verwandt ist aber meist völlig andere Eigenschaften besitzt. Meist entstehen sogenannte Wildlinge die für die Nutzung als Tafel- oder Wirtschaftsobst ungeeignet sind.

Ursprünglich stammen unsere Kultursorten vom Malus sieversii ab, der schon vor Millionen von Jahren entstanden ist. Diese Ursprungsäpfel findet man immer noch im Tian-Chan-Gebirge in Kasachstan, wo Apfelwälder mit riesigen Bäumen stehen. Mehr als eine Million Bäume und genau so viele Sorten gibt es in den Wäldern. Die Bäume werden zum Teil über 300 Jahre alt. Es wird vermutet, dass die dort seit Jahrtausenden lebenden Braunbären ungewollt für eine Auswahl und Verbreitung wohlschmeckender Äpfel gesorgt haben. Sie fressen sich im Herbst ihr Winterspeck an. Dabei merken sie sich offensichtlich die Standorte der wohlschmeckenden Varianten, klettern auf die Bäume und schütteln sie, fressen die auf den Boden gefallenen Äpfel und die verbreiten über die Losung die Kerne der Äpfel und so gab es über tausende von Jahren eine Auswahl und Verbreitung von Sorten nach den Geschmacksvorstellungen der Braunbären. - Link Malus sieversii - Film zur Geschichte Malus sieversiie

Neue Obstsorten entstehen generativ aus Zufallssämlingen und aus Züchtungen. Eine weitere Form der Entstehung ist die Mutation einzelner Knospen, aus denen Nachkommen mit neuen Eigenschaften gewonnen werden können. Beispiele hierfür sind der Rote Gravensteiner oder die Sorte Roter Boskoop. Will man die Eigenschaften der Ursprungssorte bewahren, ist nur eine Veredlung über einjährige Triebe der vorhandenen Obstbäume möglich. Bei der Veredlung gibt es eine Vielzahl von Verfahren. Dazu gehören u.a. das Rindenpfropfen, das Spaltpfropfen, das Okulieren und das Kopulieren, wobei das Rindenpfropfen wohl die häufigste Anwendung findet.

Die Kenntnisse zur Veredlung haben eine lange Tradition. Der Erhalt von Apfelsorten mit Hife einer Veredelungstechnik wurde vermutlich schon von den Sumerer entdeckt. Als Sumerer bezeichnet man ein Volk, das im Gebiet von Sumer im südlichen Mesopatamien im 3. Jahrtausend v. Chr. lebte. Bekannt ist zudem dass die Phönizier die Veredlungstechniken um 1.000 vor Christus in ihren Gärten angewandt haben. Diese Kenntnisse wurden später durch die Römer weiter verbreitet. Sie hatten Baumschulen und auch die Mönche des Benedektiner- und Karthäuserordens besaßen Anfang des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung weit und breit gerühmte, ganz vorzüglich eingerichtete Baumschulen, die selbstverständlich Veredelungen vornahmen und zur Verbreitung der Obstsorten beitrugen.

Klöster, aber auch die Fürstenhäuser sorgten dann dafür, dass die Kenntnisse zur Veredelung von möglichst vielen Menschen erlernt und angewandt wurden. Das Veredeln oder Pelzen (belzen/pelzen = propfen - von latainisch propaginare) war im Mittelalter eine der vornehmsten Beschäftigungen im Gartenbau. Sie war den Pelzmeistern vorbehalten. Erste Beschreibungen finden sich im Pelzbuch des Meisters Gottfried von Franken, das um 1350 entstanden und in zahlreichen Abschriften in Europa kursierte. Ein weiteres Pelzbuch schrieb der Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553-1586). Die Schrift über den Obstbau zum Unterricht seiner Unterthanen wurde ab 1571 unter dem Titel "Künstlich-Obst-Garten-Büchlein" in Umlauf gebracht. Dieser große Beförderer der Obstkultur führt stets einen hohlen Stock, mit Obstkernen gefüllt und auf der Reise viel Obstsamen in Säckchen bei sich, um überall Aussaaten machen zu können, sammelt viele Obstsorten, setzt besondere Prämien aus für die, welche sich in der Obstbaumpflanzung auszeichnen, und gibt wichtige Gesetze über Obstbau, z.B. jedes Ehepaar muss zwei Paar Obstbäume pflanzen und für deren Gedeihen sorgen. Im Obstbüchleich wird u.a. das Pfropfen beschrieben.

August von Sachsen veredelte auch selbst Obstbäume und sorgte für einen regen Austausch von Edelreisern unter den befreundeten Fürstenhäusern.

 

Obstveredlung im Schulunterricht

Früher war es selbstverständlich, dass auch Lehrern im Rahmen ihrer Ausbildung Kenntnisse zur Veredlung von Obstsorten vermittelt wurden und die Veredlung von Obstsorten im Unterricht geübt wurde. Dazu wurden auch sogenannte Baumschulen angelegt, in denen die Kenntnisse zur Obstbaumveredlung vermittelt wurden.

In der Zeitschrift der Obstbaumfreund (u.a. Ausgabe 1829) wurde aber immer wieder beklagt, dass es an der Umsetzung hapert und die Lehrer kaum ihre Aufgabe erfüllen würden.

 

Sortenbäume

Bei der Vielzahl der Sorten war es für die Pomologen ein Problem zum Erhalt der Sorten beizutragen. Aus diesem Grunde wurden in den Erhaltungsgärten auf einzelnen Obstbäumen viele Sorten aufgepfropft. Auf manchen Bäumen gab es dann mehr als 100 Apfelsorten. Der bekannte Pomologe Johann, Georg, Conrad Oberdieck hat dazu eigens ein Buch mit dem Titel Probe- und Sortenbäume veröffentlich. In kleineren Gärten nutzt man inzwischen diese Möglichkeit wieder um zumindest mehrere Apfelsorten zu haben und eine bessere Fremdbefruchtung zu gewährleisten.

Ansicht des großen Apfelbaumes aus dem Jahre 1818 mit seinen 329 Sorten im Pfarrgarten von Pastor Agriola zu Göllnitz. Den Bericht von Pfarrer Sickler aus seiner Zeitschrift "Allgemeines Teutsches Garten-Magazin" mit der Auflistung der Sorten bieten wir hier als Download an. Bericht zum Apfelbaum

---------------

Nachfolgend noch einige Hinweise, was bei der Veredlung zu beachten ist.

  • Die Edelreiser (letzter Jahresaustrieb) werden im Winter an einem frostfreien Tag geschnitten und dann zunächst aufbewahrt - in einem feuchten Sandbett eingeschlagen - (siehe Abbildung unten).
  • Für die Veredlung sollte gutes Werkzeug, Okuliermesser etc. verwandt werden.
  • Die Veredlung selbst wird je nach Witterung am Beginn des Austriebs Mitte April bis Mitte Mai ausgeführt.
  • Die Schnittstellen vom Ast und den Reisern nicht mit den Händen anfassen.
  • Nach dem Einsetzen des Reises mit Bast fest verbinden.
  • Alle Schnittstellen vom Ast und Reisern müssen nach der Veredlung sorgsam mit Balsam verschlossen werden.
  • Sollten Sie Interesse an Apfelreisern haben, bitte rechtzeitig bis Ende November Sortenanfrage zusenden.

 Link Informationen zur Bestellung von Edelreiser

 

Vermehrung von Obstbäumen - Sortenerhalt

Obstbäume können im Normalfall nicht durch Kerne bzw. Steine vermehrt werden. Ausnahme sind bestimmte Steinobstsorten, wie z.B. die Pfirsichsorte Kernechte vom Vorgebirge oder Wassenberger Sämling. Aber auch hier findet inzwischen die Vermehrung durch sogenannte Edelreiser (letzter Jahresaustrieb) statt, da durch Fremdbestäubung eine Veränderung der Sorte eintritt. Ansonsten bringt jeder Apfelkern immer eine neue Sorte hervor die allenfalls mit der Ursprungssorte verwandt ist aber meist völlig andere Eigenschaften besitzt. Meist entstehen sogenannte Wildlinge die für die Nutzung als Tafel- oder Wirtschaftsobst ungeeignet sind.

Ursprünglich stammen unsere Kultursorten vom Malus sieversii ab, der schon vor Millionen von Jahren entstanden ist. Diese Ursprungsäpfel findet man immer noch im Tian-Chan-Gebirge in Kasachstan, wo  Apfelwälder mit riesigen Bäumen stehen. Ca. eine Million Bäume und genau so viele Sorten gibt es in den Wäldern. Die Bäume werden zum Teil über 300 Jahre alt. Es wird vermutet, dass die dort seit Jahrtausenden lebenden Braunbären ungewollt für eine Auswahl und Verbreitung wohlschmeckender Äpfel gesorgt haben. Sie fressen sich im Herbst ihr Winterspeck an. Dabei merken sie sich offensichtlich die Standorte der wohlschmeckenden Varianten, klettern auf die Bäume und schütteln sie, fressen die auf den Boden gefallenen Äpfel und die verbreiten über den Kot die Kerne der Äpfel und so gab es über tausende von Jahren eine Auswahl und Verbreitung von Sorten nach den Geschmacksvorstellungen der Braunbären.

- Link Malus sieversii - Film zur Geschichte Malus sieversii

Neue Obstsorten entstehen generativ aus Zufallssämlingen und aus Züchtungen. Eine weitere Form der Entstehung ist die Mutation einzelner Knospen, aus denen Nachkommen mit neuen Eigenschaften gewonnen werden können. Beispiele hierfür sind der Rote Gravensteiner oder die Sorte Roter Boskoop. Will man die Eigenschaften der Ursprungssorte bewahren, ist nur eine Veredlung über einjährige Triebe der vorhandenen Obstbäume möglich. Bei der Veredlung gibt es eine Vielzahl von Verfahren. Dazu gehören u.a. das Rindenpfropfen, das Spaltpfropfen, das Okulieren und das Kopulieren, wobei das Rindenpfropfen wohl die häufigste Anwendung findet.

Die Kenntnisse zur Veredlung haben eine lange Tradition. Der Erhalt von Apfelsorten mit Hife einer Veredelungstechnik wurde vermutlich schon von den Sumerer entdeckt. Als Sumerer bezeichnet man ein Volk, das im Gebiet von Sumer im südlichen Mesopatamien im 3. Jahrtausend v. Chr. lebte. Bekannt ist zudem dass die Phönizier die Veredlungstechniken um 1.000 vor Christus in ihren Gärten angewandt haben. Diese Kenntnisse wurden später durch die Römer weiter verbreitet. Sie hatten Baumschulen und auch die Mönche des Benedektiner- und Karthäuserordens besaßen Anfang des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung weit und breit gerühmte, ganz vorzüglich eingerichtete Baumschulen, die selbstverständlich Veredelungen vornahmen und zur Verbreitung der Obstsorten beitrugen.

Klöster, aber auch die Fürstenhäuser sorgten dann dafür, dass die Kenntnisse zur Veredelung von möglichst vielen Menschen erlernt und angewandt wurden. Das Veredeln oder Pelzen (belzen/pelzen = propfen - von latainisch propaginare) war im Mittelalter eine der vornehmsten Beschäftigungen im Gartenbau. Sie war den Pelzmeistern vorbehalten. Erste Beschreibungen finden sich im Pelzbuch des Meisters Gottfried von Franken, das um 1350 entstanden und in zahlreichen Abschriften in Europa kursierte. Ein weiteres Pelzbuch schrieb der Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553-1586). Die Schrift über den Obstbau zum Unterricht seiner Unterthanen wurde ab 1571 unter dem Titel "Künstlich-Obst-Garten-Büchlein" in Umlauf gebracht. Dieser große Beförderer der Obstkultur führt stets einen hohlen Stock, mit Obstkernen gefüllt und auf der Reise viel Obstsamen in Säckchen bei sich, um überall Aussaaten machen zu können, sammelt viele Obstsorten, setzt besondere Prämien aus für die, welche sich in der Obstbaumpflanzung auszeichnen, und gibt wichtige Gesetze über Obstbau, z.B. jedes Ehepaar muss zwei Paar Obstbäume pflanzen und für deren Gedeihen sorgen. Im Obstbüchleich wird u.a. das Pfropfen beschrieben.

August von Sachsen veredelte auch selbst Obstbäume und sorgte für einen regen Austausch von Edelreisern unter den befreundeten Fürstenhäusern.

---------------

Philipp Held - Die Veredlung von Obstbäumen und Fruchtgehölzen

"Wer vielerlei Früchte ziehen will, und besitzt nicht viel Raum, der bringe mancherlei Sorten auf einen Baum."   Philipp Held

Wir möchten mit der Veröffentlichung der ausgezeichneteten Farbtafeln zum Werk von Philipp Held aus dem Jahr 1902 mit dem Titel "Die Veredelungen von Obstbäumen und Fruchtgehölzen" die vielen Möglichkeiten der Veredlung aufzeigen.

An dieser Stelle sei Bruno Bolli aus Lemgo gedankt, der uns die Originaltafeln zur Verfügung gestellt hat.

Hintergrundbericht zu Philipp Held und seinen Tafeln für die Obstsortenveredlung

Als besonderen Erfolg sehen wir einen Bericht zu den Tafeln und zur Restaurierung in der Zeitschrift Liebes Land an.

Auf 4 Seiten berichtet die Zeitschrift über die Tafeln und das Projekt des BUND Lemgo.

Den Bericht bieten wir hier als Download an:

Artikel_Liebes_Land

Dank an die Redaktion von Liebes Land für die Zustimmung den Artikel hier anzubieten.

Bestellung der 9 Farbtafeln im Format DIN A 3 und des Begleitheftes im Format DIN A 5 für 46,00 € (inkl. Versandkosten innerhalb Deutschlands) beim BUND Lemgo. Der Versand erfolgt gegen Rechnung. EU-Versand zuzüglich 8,00 €. Eine Laminierung der Tafeln ist gegen Aufpreis von 27,00 € möglich.

Einfach Email an kontakt@bund-lemgo.de senden und die eigene Anschrift nicht vergessen.

 

Auszüge aus den Originaltafeln – restauriert durch BUND Lemgo

 

 

 

 

 

alte Abbildung zur Veredlung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Link Download Gesamtwerk

Obstgartenbüchlein

Digitale.bibliothek.uni-halle

 

 

 

Duhamel Du Monceau

Des Arbres Fruitiers - Paris 1768

 

Der Obstbaumfreund 1829

 

Erfurter Führer 1900

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schneiden und Aufbewahrung der Edelreiser

Zum schneiden benötigt man den letztjährigen Trieb, der alle Merkmale der gewünschten Sorten in sich trägt. Die obere Spitze sollte auf jeden Fall erhalten bleiben damit das Edelreis nicht austrocknet. Geschnitten wird an frostfreien Tagen im Dezember bis Anfang Februar. Sie werden dann bis März April in Erdreich eingeschlagen (Aufbewahrung), feucht gehalten und an einen dunklen Ort gestellt wo keine Sonneneinstrahung efolgt. Link zu einem Filmbeitrag

Veredlung von Obstsorten

hier ein Link mit Bildern zur Veredlung https://www.gartenfreunde.de/gartenpraxis/gartenpflege/selbst-veredeln/

Filmbeitrag zur Veredlung: Video

Bezugsquelle Veredlungsunterlagen: Baumschule Ritthaler

Edelreiser versenden - Kennzeichnung der Bäume - Sortenschilder für Obstbäume - Veredlungsband

Sollen im Winter geschnittene Edelreiser versandt werden, so ist es wichtig, dass die unteren Schnittstellen in feuchtes Papier z.B. einer Küchenrolle eingewickelt und in eine Plastiktüte gesteckt werden (siehe Foto). Werden besonders lange einjährige Triebe geschnitten, können diese halbiert werden. Die obere Schnittstelle ist dann mit Baumwachs zu verschließen damit die Reiser nicht austrocknen. Zum Veredlen ist ein dehnbares Veredlungsband empfehlenswert.

Oft wird vergessen die Bäume mit den Sortennamen zu kennzeichnen. Wichtig ist, dass man Informationen zur Pflückreife und Haltbarkeit der Sorte festhält. Nachfolgend ein Beispiel zur Baumkennzeichnung oder Kennzeichnung bei einem Sortenbaum.

Versand Edelreiser

 

Sortenetiketten

 

Dehnbares Veredlungsband

Die ALU-Schilder lassen sich einfach mit einem Bleistift beschriften. Später weiß dann niemand mehr welche Sorten da im Garten stehen. Hat man einen Garten mit unbekannten Apfel- und Birnensorten übernommen, hilft meist nur die Sortenbestimmung. Hilfe gibt es hier http://www.bund-lemgo.de/Obstsortenbestimmung.html Die Aluschilder sind z.B. zu empfehlen, wenn man weitere Sorten auf einem Baum aufveredelt.

Bezugsquelle für die Aluschilder und Veredlungsband = Link Baumschule Ritthaler